Medizin-Geschichten

Die Heilpflanze des Monats Oktober 2012
Kurioses, Bizarres, Interessantes

Folge 6: Heidekraut
(Calluna vulgaris (Besenheide) und Ericaceae)

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Heidekraut zu einem Heimatsymbol. Doch das war es nicht immer. Die „Rote Heide“ stand früher nicht schnulzig für Heimat, sondern für Leiden. Es hieß, die roten Blüten seien rot vom Blut der Kämpfer. Gerade die Regionen, wo das Heidekraut wächst, also offenes, leicht hügeliges Gelände mit Birken- und Kiefernhainen, waren ideal für Kämpfe Mann gegen Mann. So fanden im Laufe der Jahrhunderte viele Schlachten auf solchem Gelände statt. Und viele Kämpfer fielen und färbten die Heide rot mit ihrem Blut.
Das Wort „Heide“ ist germanischen Ursprungs und bedeutet „wild, niedrigstehend“. Darauf beziehen sich auch Wörter wie „Heidenarbeit“ oder „Heidenspaß“. Im Althochdeutschen war „heida“ dann nur ein Pflanzenname. Später wurde die Bezeichnung auch auf den Standort der Besenheide, die waldlose, unbebaute Ebene, übertragen.
Und darauf geht auch unser Wort für Nichtchristen zurück. Die Christianisierung begann in den Städten. Zunächst trauten sich die Missionare nicht in die kargen Moor-Gegenden, wo das Heidekraut wächst. Das war unzugängliches Gelände und einfach zu gefährlich. Nichtchristen waren deshalb die Menschen, die in der „Heide“ wohnen, die Heiden eben. Und dieses Wort wurde schnell zum Sammelbegriff für Nichtchristen. Kein Wunder also, dass das Heidekraut auch zu einem Symbol für Sünde und Verdammnis wurde.
Nur wenige Menschen wohnten in der Heide mit ihrem kargen Boden. Heide-Höfe lagen meist einzeln. Die Heide-Bewohner hatten deshalb den Ruf, die Einsamkeit zu lieben. Folgerichtig galt das Heidekraut auch als Symbol für Einsamkeit.

Leiden, Sünde, Einsamkeit – die kleine Pflanze mit ihren roten oder rosa Glöckchen hatte also keine allzu freundlichen Attribute. Anders die in der Natur seltene weiße Heide. Sie war ein Symbol des Glücks, und ihr wurde allerlei zugetraut. So sollte sie vor Gefahren der Leidenschaft schützen.

Quelle: u.a. Marianne Beuchert: „Symbolik der Pflanzen“


Ursula Armstrong | Redaktion | Sperberweg 2 | D-82152 Krailling | Telefon: +49 (0) 163 / 313 21 10 | e-mail: mail@uschi-armstrong.de | www.redaktion-armstrong.de

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Das Heidekraut ist heute eine beliebte Zierpflanze, die in etwa 10000 Sorten mit sehr unterschiedlichen Blütezeiten und Färbungen der Blüten und Blätter kultiviert wird. Fotos: Armstrong